Nicht ärgern

Argerkreislauf - verlasse ihn!

Ärgern ist manchmal etwas, dass einige Menschen ständig ausüben. Sie können nicht anders. Sie ärgern sich über Dinge, worüber andere lachen.

 

Du solltest bedenken, dass wir uns das Ärgern angewöhnen können und wir es irgendwann nicht mehr bemerken. Andere Menschen bemerken unseren ständigen Ärger und sie wenden sich von uns ab. Möglicherweise entstehen daraus sogar Konsequenzen!

 

Ist Ärgern nicht menschlich?

Es gibt Ereignisse im Leben, die uns so richtig „auf Touren“ bringen. Von einer auf die andere Sekunde „explodieren“ wir. Die Wut kommt hoch. Wir ärgern uns.

Es sind Emotionen. Der Kampfeswille in uns wächst und wir sind bereit in die Offensive zu gehen. Wir spüren es, der Blutdruck wird in die Höhe getrieben, unsere Muskeln verkrampfen und umgangssprachlich „kochen“ wir.

Es handelt sich um ein impulsives Gefühl, das mit Ärger verbunden ist. Wir handeln übereilt und denken nicht mehr nach.

In diesen Momenten ist es uns egal, ob sich daraus irgendwelche Konsequenzen ergeben. Unser Verhalten kann mit einem großen Risiko verbunden sein.

Die Mitmenschen bekommen die Impulsivität deutlich zu spüren, die aus dem Ärger entsteht. Der Kopf wird rot, die Mimik verändert sich und das ist deutlich sichtbar.

 

Kennst du dieses Gefühl?

Oft begrenzen manche Ereignisse den Ärger zeitlich deutlich, andere Ereignisse führen dazu, dass der Ärger tagelang anhält. Die Gedanken kreisen um das Ärger-auslösende Ereignis. An Ruhe und Gelassenheit ist nicht mehr zu denken. 

Solche negativ-emotionalen Zustände lösen Stress aus, der Körper fährt auf Hochtouren und die Situation ist nicht mehr zu kontrollieren. Die körperliche Verfassung leidet. Die Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin werden in großen Mengen ausgeschüttet, was sich körperlich sehr negativ und belastend auswirkt. Unterdrücken lässt sich der Ärger dann auch nicht. Unterdrücken ist wie bei Angstzuständen sowieso ein schlechter Ratgeber, es funktioniert nämlich nicht, ganz im Gegenteil.

 

Wenn wir dazu neigen, uns über jede Kleinigkeit des Lebens zu ärgern, werden wir uns das Ärgern sogar „antrainieren“.

 

Zur Praxis

In einem Gespräch mit einem Mann um die 40, der sich über jede Kleinigkeit geärgert hat, wurde klar, dass es sich um einen Entwicklungsprozess handelte.

Er erzählte mir, dass er bereits als ein junger Mann dazu neigte, sich über viele, eigentlich unwichtige Ereignisse aufzuregen und fast danach suchte, worüber er sich ärgern konnte. Ob nun privat, beruflich oder politische Entscheidungen betreffend. Alles wurde in den sich-Ärgern-Mechanismus übernommen.

Anfangs, so erzählte er, hielt es sich in Grenzen, der Ärger war noch kontrollierbar und auch schnell verflogen. Im Verlaufe der Jahre wurde das Ärgern zur Gewohnheit, mit der Folge, dass der Ärger-Prozess oftmals viele Tage anhielt.

Auch auf das Privatleben mit seiner Familie hat es sich sehr negativ ausgewirkt, so sehr, dass seine Familie sich zeitweise ganz von ihm abwand. Mittlerweile „explodierte“ er schon, wenn etwas Milch in der Küche verschüttet wurde, oder ihm etwas Unbedeutendes misslang.

Er befand sich in einer Ärger-Endlosschleife, weil er förmlich nach Anlässen sucht, die den Ärger in ihm auslösten. Nicht nur private Konsequenzen hatte es, sondern auch berufliche.

Seine Aufgaben im Job erledigte er unkonzentriert, machte Fehler, reagierte gegenüber Kolleginnen und Kollegen harsch und ungehalten, eine Abmahnung war die Folge. Er bekam einen Burnout und eine Angststörung.

In einem längeren Gespräch wurden dann die Gründe für das ständige Ärgern analysiert, die in der Kindheit angelegt wurden.

Von seinen Eltern hat er nie erfahren, dass er als Mensch so in Ordnung ist, wie er ist. Ständig wurde er kritisiert, nichts hat er richtig gemacht. Liebe erfuhr er nur, wenn er das tat, was seine Eltern von ihm verlangten.

Kritik hat er im Laufe seines Lebens nie ertragen können, sondern empfand es als Abwertung seiner Person.

Er erzählte, dass er bereits in der Schule und Ausbildung spürte, dass die Kritik anderer für ihn unerträglich war, jedoch hatte er sich damals noch im Griff. Er reagierte meist eingeschnappt. Im Laufe der Jahre ärgerte er sich über alles Mögliche, nicht nur dann, wenn er kritisiert wurde.

Als wir die Situation analysiert hatten und deutlich wurde, wo die Auslöser lagen und er seine Situation verändern musste, fiel ihm die schwere Last von den Schultern, weil er nun erkannte, es gibt eine Lösung. Er wollte aus dem Ärger-Kreislauf endlich raus.

 

Er suchte seinen Arzt auf, besprach alles und begab sich in verhaltenstherapeutische Behandlung. Ergebnis: Er hat es geschafft und fühlt sich inzwischen sehr gut, hat Lebensfreude und ist mit seiner Familie glücklich.

 

Oftmals merken wir gar, welche völlig inakzeptablen Reaktionen wir zeigen, wenn wir uns ärgern. Ganz im Gegenteil, wir sind sogar der Überzeugung, dass wir vernünftig und richtig reagieren.

Wenn andere Menschen verbal attackiert werden, Wut entgegengebracht wird, vielleicht sogar Rachegefühle, dann sind das Verhaltensweisen, die keinesfalls als angemessen bezeichnet werden können.

 

Das Selbstwertgefühl und das Ärgern

In dem oben beschriebenen Gespräch zeigte sich, dass das Selbstwertgefühl meines Gesprächspartners sehr verletzt war. Die Erlebnisse der Kindheit war hierfür die Basis.

Menschen, die ein geringes Selbstwertgefühl haben, können rasch verunsichert werden, lassen sich auch von kritischen Äußerungen aus der Bahn werfen. Jeder Misserfolg wirft sie um.

Es steht im Zusammenhang mit einer Angst vor dem Scheitern. Das alles wird als direkte Angriffe auf die Person, den Menschen selbst gesehen.

 

Fehlerrückmeldungen sind Feedback

Wir alle machen nun mal Fehler, sind nicht perfekt und akzeptieren in der Regel auch kritische Hinweise unserer Mitmenschen.

Wenn wir in der Lage sind, diese Kritik als Feedback zu betrachten, um daraus zu lernen, nehmen wir Kritik positiv an. Menschen mit einem niedrigen Selbstwertgefühl sehen es nicht als Feedback, sondern als Attacke gegen ihre Person. Sie halten das kaum aus, verzweifeln daran und sehen immer andere als die Täter und sich selbst als Opfer.

 

Ein Täter-Opfer-Umkehrverhalten ist typisch für Menschen mit niedrigem Selbstwert. Die Schuld für ärgerliches Verhalten liegt nicht bei ihnen selbst, sondern beim anderen. Sie sind oftmals nicht in der Lage objektiv ein Ereignis einzuschätzen.

Ein direkter Zugang zu diesen Menschen, ist dann kaum möglich. Sie befinden sich in ihrem eigenen Film, der in einer Endlosschleife läuft.

Für diese Menschen ist das Leben eine einzige Horrorszene.

 

Die Konsequenzen, die sich ergeben können, wenn Menschen sich selbst in eine Ärger-Spirale begeben, die im Laufe der Jahre sich noch steigert, sind kaum abschätzbar. Und, sie merken es irgendwann selbst nicht mehr, wenn sie in diesen Prozess einsteigen, weil sie es sich „antrainiert“ haben und es zu einer Normalität geworden ist.

 

Da wir Menschen sehr unterschiedlich sind, gibt es auch keine Patentlösung. Es gibt sicherlich einige Methode, die hilfreich sind, aber nicht für alle gleichermaßen.

Zum Beispiel kann die Anwendung von bestimmten Atemtechniken helfen, auch Meditation, Autogenes Training, Yoga. Manche Menschen sind zugänglich, da helfen gute Gespräche, der Perspektivwechsel, vielleicht auch sich den Ärger von der Seele schreiben.

Ein Mittel, dass tatsächlich auch aus meiner Erfahrung sehr hilfreich ist, sind zunächst Gespräche mit einem sehr vertrauten Menschen.

Persönliche Gespräche wirken oftmals Wunder, vielleicht nicht sofort. Es braucht manchmal etwas Zeit, bis der „Ärger-Mensch“ zugänglich wird.

Wichtig ist, dass der Ärger-Kreislauf unterbrochen wird, weil die Folgen sehr dramatisch sein können. Deshalb muss es einen Break geben!

Ansonsten werden die gesundheitlichen Folgen fatal sein und zudem wird der chronische Ärger früher oder später zu privaten/beruflichen Konsequenzen führen. Die zwischenmenschlichen Beziehungen werden leiden.

 

Je früher erkannt wird, dass Menschen zu Ärger neigen, desto einfacher ist es, erst gar nicht den Ärger-Kreislauf zu betreten.

Wie sollten wir uns gegenüber Menschen verhalten, die sich in einer Ärger-Spirale befinden?

Es ist fast unmöglich, dass wir Menschen in solchen Phasen beruhigen können. Ganz im Gegenteil, wahrscheinlich wird jeder gut gemeinte Hinweis den Ärger verstärken.

Ruhe bewahren, gelassen bleiben und bloß nicht den Ärger verstärken. Aus der Situation herausgehen. Den besten Zeitpunkt abwarten, um auf den Menschen zuzugehen. Nichts erzwingen!

 

 

Für Menschen, die zum Ärgern neigen und dies spüren, gilt:

Vertraut euch Menschen an, die bereit sind euch zu unterstützen. Schüttet euer Herz aus, redet euch den Ärger lieber von Seele und findet den für euch passenden Weg mit dem wirklich sehr wichtigen Ziel: Verlassen des Ärger-Kreislaufs!

 

Für Menschen, die andere unterstützen möchten:

Nicht aufgeben, aber mit Bedacht das Gespräch suchen, um den ersten Schritt zu machen. Das Ziel ist, dass ein Gespräch zum Beispiel mit dem Hausarzt gesucht wird und eine verhaltenstherapeutische Maßnahme in die Wege geleitet wird.

 

Sehr wichtig ist, einen Menschen aus dem Ärger-Kreislauf herauszuholen, um sein Leben wieder lebenswert zu gestalten, mit Lebensfreude, Zufriedenheit und Glück.